Mensch und Natur leiden unter dem Krieg in der Ukraine. Die Kinder und die Natur brauchen unsere Unterstützung. Wir denken beides zusammen. Helfen Sie jetzt mit Ihrer Spende!
Jetzt spenden!„Wir machen weiter!“ - Über Umweltschutz und Resilienz während des Krieges
Ein Interview mit Ivan Tymofeiev
Die Folgen der russischen Invasion sind verheerend, die Lage zermürbend. Dennoch macht die Umweltschutzorganisation IERS weiter. Die NABU International Naturschutzstiftung unterstützt die Projekte von IERS, solidarisiert sich mit den Naturschützer*innen und setzt sich für Frieden ein.
Wir haben mit Ivan Tymofeiev, Projektleiter beim NABU-Zentralasien- und Osteuropaprogramm gesprochen. Seit Februar 2022 hat er die Ukraine nicht verlassen. Die Hauptaktivitäten von IERS, Institute for Ecological and Religious Studies, finden im Westen des Landes statt.
Wie ist die Situation vor Ort?
Eigentlich hat sich nicht viel verändert, im Gegenteil, die Situation ist eher schlimmer geworden. Fast täglich gibt es Luftalarm, russische Drohnen und Raketen fliegen unsere Städte an. In unserer Region, wo ich derzeit bin, sind zum Glück noch keine Menschen getroffen worden, aber unsere Partner in Kyiv leider schon.
Wie beeinflusst der Krieg eure Arbeit?
Die Kriegssituation beeinflusst jedes Projekt. Wir müssen immer wachsam sein. Es kommt öfter vor, dass während unserer Stadtspaziergänge zum Vogelbeobachten der Luftalarm ertönt und wir mit den Kids in den nächsten Luftschutzbunker flüchten. Weiterhin besteht die Gefahr, dass Kollegen jederzeit in den Wehrdienst eingezogen werden können. Damit müssen wir rechnen. Es gibt keine Familie, die nicht vom Krieg betroffen ist. Ein Teil unserer Vogelschutzprojekte liegt im Grenzgebiet, hier kommen wir nicht mehr ohne Genehmigung hin, um die Nester zu überprüfen. Die logistischen und mentalen Auswirkungen sind enorm.
Wieviel Resilienz braucht es, um mit der permanenten Bedrohung und Kräfte zehrenden Situation umzugehen?
Das ist eine gute Frage. Ich denke, dass hängt einfach von Persönlichkeiten und Schicksalen ab. Eine Kollegin hat kürzlich ihren Bruder an der Front verloren und ihr Schmerz wird vom ganzen Team getragen. Dafür muss es Raum geben. Dadurch, dass wir viel mit Kindern arbeiten, haben wir die Zukunft direkt vor unseren Augen. Das motiviert uns sehr. Wir machen weiter.
Was bedeutet für dich Naturschutz mitten im Krieg?
Mir bedeutet das sehr viel. Für die Ukraine gibt es keinen Plan B. Es gibt eine Ukraine und eine Natur. Ist auch die Natur zerstört und beschädigt, braucht es viel Mühe, Zeit und Geld, sie wieder herzustellen. Ganze Ökosysteme sind vom Krieg betroffen. Wenn ich an morgen denke, denke ich auch an die Natur. Der Krieg hat keine Logik. In Kyiv hatten wir an einem Tag acht Stunden Luftalarm, das heißt acht Stunden im Luftschutzkeller. Mehr als 100 Raketen sind an diesem Tag auf ukrainisches Territorium gefallen. Am nächsten Tag gingen wir Vögel beobachten. Das klingt absurd, aber es ist unsere Realität.
Eure Bildungsprojekte richten sich vor allem an Kinder, Binnenflüchtlinge und sie sprechen gezielt Minderheiten in der Region an. Wieviel Dynamik gibt es da?
Auch nach zwei Jahren Krieg kommen immer noch Binnenflüchtlinge in der Region an. Im Gegensatz zum Osten des Landes ist es hier in Ushgorod wesentlich ruhiger. Viele von den Geflüchteten, die vor zwei Jahren ankamen, zogen weiter, entweder zurück oder ins Ausland. Die, die geblieben sind, kommen gern zu unseren Theateraufführungen, Vogelbeobachten, Bastelnachmittagen.
Gibt es auch schöne Erlebnisse gerade?
Wir haben in den letzten zwei Jahren so viele Kinder erreicht und einbeziehen können. Ihre Begeisterung und ihr Feedback sind außerordentlich bestärkend für uns. Die Kids lernen ja nicht nur über Natur und Biodiversität, sie haben eine gute Zeit. Aber auch die Eltern und Lehrer*innen sind dankbar für unser Angebot und lernen selbst mit. Es gibt nicht mehr viele aktive Naturschutzorganisationen im Land. Wir, also IERS und unsere lokalen Partner, machen weiter, darauf bin ich sehr stolz.
Wie können wir euch helfen oder unterstützen?
Wir wollen sichtbar sein! Teilt unsere Arbeit, versteigert die Kunstwerke ukrainischer Kinder, die im Rahmen unserer Workshops und Wettbewerbe gemacht wurden, berichtet über uns! Jede Form der Hilfe ist willkommen!
Eine letzte Frage: Wie schaffst du selbst die Balance zwischen Bedrohung und Normalität zu halten?
Meine Ablenkung ist die Arbeit. Und wenn es möglich ist, spiele ich zweimal in der Woche Tischtennis.
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